Das Schweizer Sportgericht hat einen Turn-Trainer der Verletzung der sexuellen Integrität für schuldig erklärt. Der Verurteilte darf während zwei Jahren keine minderjährigen weiblichen Turnerinnen trainieren, und muss ein Verhaltenscoaching absolvieren.
Im April 2023 ging bei der Meldestelle für Ethikverstösse und Missstände im Schweizer Sport eine Meldung über einen möglichen Ethikverstoss ein. Gemäss der meldenden Person erhielt eine minderjährige Turnerin regelmässig Nachrichten mit sexuellem Bezug. Eine weitere, ebenfalls minderjährige Turnerin, hätte dieselbe Art von Nachrichten erhalten. Wenige Tage später im April ging bei der Meldestelle eine weitere anonyme Meldung ein, die den Vorwurf erhob, dass der angeschuldigte Trainer während des Trainings die Betroffene mehrmals zwischen den Beinen berührt hätte. Am 1. Mai 2023 eröffnete Swiss Sport Integrity (SSI) ein Untersuchungsverfahren gegen den beschuldigten Trainer und verfügte dessen vorläufige Suspendierung von sämtlichen sportbezogenen Funktionen.
Im Verlaufe des Untersuchungsverfahrens wurden diverse Befragungen von Turnerinnen, Eltern und weiteren Personen durchgeführt sowie weitere Beweismittel durch SSI sichergestellt, wie WhatsApp-Chatverläufe und Screenshot-Bilder bzw. Videos von Snapchat-Nachrichten. Anlässlich seiner Befragung durch SSI gab der Beschuldigte an, sich auf den Bildern wiederzuerkennen, vermöge sich jedoch nicht daran zu erinnern, in welchem Kontext diese entstanden bzw. verschickt worden seien. Im September 2024 überwies SSI den Untersuchungsbericht samt Anträgen zur Beurteilung an das Schweizer Sportgericht (SSG). Im Januar 2025 fand in Anwesenheit des Angeschuldigten und Swiss Sport Integrity die Hauptverhandlung in Form einer Videokonferenz vor dem Schweizer Sportgericht statt.
In seinem Entscheid erklärte das SSG den Turn-Trainer des Verstosses gegen das Ethik-Statut des Schweizer Sports wegen Verletzung der sexuellen Integrität (Art. 2.1.4 des Ethik-Statuts) für schuldig. Der Versand von Bild- und Videoaufnahmen mit sexueller Konnotation bzw. mit sexuellem Inhalt, erfüllt den Tatbestand der sexuellen Belästigung im Sinne des Ethik-Statuts. In diesem Punkt folgte das SSG den Ansichten von SSI. Die Vorwürfe der physischen Übergriffe liessen sich gemäss dem SSG mangels Augenzeugen nicht hinreichend belegen, die Aussagen der Turnerin seien für eine Verurteilung nicht ausreichend.
Der Turn-Trainer wird vom SSG rückwirkend ab dem 1. Mai 2023 zu einer Sperre von zwei Jahren verurteilt, die sich allerdings ausschliesslich auf das Training von minderjährigen weiblichen Turnerinnen im organisierten Sport bezieht. Zudem folgte das SSG der Empfehlung von SSI, dass der Trainer ein Verhaltenscoaching im Umfang von mindestens 12 Stunden im Umgang mit minderjährigen Frauen absolvieren muss. Gemäss Entscheid des SSG hat der Verurteilte die Verfahrenskosten von 2‘000 Franken zu tragen.